Der Teeanbieter Sidroga hat aktuell eine bestimmte Charge seines Bio-Säuglings- und Kindertees zurückgerufen. Eine Untersuchung des ZDF-Verbrauchermagazins Wiso hat hohe Gehalte an Pyrrolizidinalkaloiden in der Kräuterteemischung gefunden. Stiftung Warentest prüft Tees ebenfalls regelmäßig auf Schadstoffe und ermittelte kürzlich spektakuläre Belastungen in einem Tee.
Die Firma Sidroga ruft ihren, in Apotheken erhältlichen, Bio Säuglings- und Kindertee mit der Chargennumer 5G0282 und dem Mindesthaltbarkeitsdatum 09/2018 zurück. Auslöser für den Rückruf sind laut Sidroga „erhöhte PA-Werte“. PA steht für Pyrrolizidinalkaloide. Einige der „PA’s“ sind möglicherweise krebserregend für den Menschen, hohe Gehalte können die Leber schädigen.
In der Untersuchung von Wiso wurden 17 Bio-Kräutertees für Babys auf diese Stoffe getestet. Fünf Produkte waren mit Pyrrolizidinalkaloiden belastet. Die Kräuterteemischung von Sidroga jedoch am stärksten – mit 313 Mikrogramm pro Kilogramm Tee.
Kein Grenzwert, aber ein Richtwert
Einen Grenzwert für Pyrrolizidinalkaloide gibt es aktuell nicht – das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die Europäische Lebensmittelbehörde Efsa haben daher als Übergangslösung für die Summe der Pyrrolizidinalkaloide einen Tageszufuhr-Richtwert berechnet, der hinsichtlich möglicher Krebsrisiken als wenig bedenklich angesehen wird. Die Tageszufuhr steht in Relation zum Körpergewicht.
Demnach sollte ein 60 Kilogramm schwerer Erwachsener langfristig nicht mehr als 0,42 Mikrogramm täglich aufnehmen – ein 7,5 Kilogramm schweres Baby dementsprechend nicht mehr als 0,05 Mikrogramm. Der Sidroga- 1,3-Gramm-Teebeutel enthält nach dem gemessen Gehalt von Wiso umgerechnet rund 0,41 Mikrogramm Pyrrolizidinalkaloide. Experten gehen davon aus, dass sich die Pyrrolizidinalkaloide aus Tee gut im Aufguss lösen und daher vollständig übergehen können.
Sidroga kann Messwerte nicht bestätigen
Nach Erhalt der Wiso-Ergebnisse hat Sidroga den Verkauf des Tees präventiv gestoppt, die Apotheker informiert und „eine Nachuntersuchung der chargenspezifischen Rückstellmuster“ durchführen lassen. Die Ergebnisse der Nachuntersuchung waren laut Sidroga unauffällig- ebenso bereits bei den Überprüfungen im Verlauf des Produktionsprozesses.
Als Reaktion auf den Wiso-Beitrag hat sich auch der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) in einem offenen Brief zu Wort gemeldet. Der Verband betont unter anderem, dass es sich bei Pyrrolizidinalkaloiden meist um sogenannte Spotbelastungen handele, die demnach innerhalb einer Charge sehr ungleichmäßig verteilt sein können.
Problematik ist bekannt
Pyrrolizidinalkaloide sind natürliche Inhaltsstoffe vieler Wildkräuter aus den Familien der Korbblütler, Borretschgewächse und Hülsenfrüchtler. Seit 2013 ist bekannt, dass die Wildkräuter, wenn sie versehentlich mitgeerntet und nicht ausortiert werden, auch in Tee und Kräutertee geraten können. Einige Pyrrolizidinalkaloide zeigten sich bedenklicherweise in Versuchen mit Ratten als eindeutig krebserregend und erbgutschädigend.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht davon aus, dass die Substanzen „auch beim Menschen kanzerogen wirken können“ und das hohe Gehalte an Pyrrolizidinalkaloiden die menschliche Leber chronisch oder sogar akut schädigen können.
Das BfR appelliert schon seit einigen Jahren an die Anbieter von Kräutertees, bei Anbau und Ernte von Pflanzen für die Kräutertee- und Teeherstellung größere Sorgfalt walten zu lassen. Viele Hersteller haben Maßnahmen zur Qualitätssicherung ergriffen. Sidroga beteiligt sich laut eigener Aussage an entsprechenden Forschungsprojekten.
Stiftung Warentest findet regelmäßig Schadstoffe
Im Test von grünem Tee fielen sechs Produkte wegen überhöhter Gehalte durch, bei schwarzem Tee war ein Produkt stark belastet. Den auffälligsten Befund ermittelten die Tester aber in der aktuellen Prüfphase für einen Test von Kräutertees. Der Kamillentee von Kusmi Tea weist eine extreme Belastung mit Pyrrolizidinalkaloiden auf: 73 200 Mikrogramm pro Kilogramm Tee. Ein einziger Teebeutel der geprüften Charge enthält demnach 161 Mikrogramm, deshalb wurde bereits vor Erscheinen des Tests vor dem Verzehr gewarnt. Kusmi Tea nahm den Tee daraufhin umgehend vom Markt.
Der ausführliche Kräutertee-Test mit Produkten aus Supermärkten, Drogerien und Apotheken erscheint Ende März.