Der Bundestag wird am Donnerstag über gleichberechtigte Elternschaft auch nach der Trennung eines Paares beraten. „Eine längst überfällige Debatte“, sagt Reinhard Rode (51), Gründer der bundesweiten Trennungskinder-Initiative „Papa Auch“ mit Sitz in Heilbronn. Bereits seit Jahrzehnten haben Trennungskinder in Deutschland bei Streit ihrer Eltern das Nachsehen.
Ihre Welt wird gespalten in ein Leben bei einem hauptbetreuenden Elternteil, meist der Mutter, und kurzen Besuchszeiten beim Vater. „Viele Eltern kriegen das vernünftig hin und die Kinder verbringen auch sehr viel Zeit bei ihren Papas“, sagt Rode. „Aber oft klappt das auch nicht – darunter leiden die Kinder.“
Bisherige Praxis bei Entscheidungen an Familiengerichten war das sogenannte Residenzmodell, die den Kindern Besuche beim nicht hauptbetreuenden Elternteil jedes zweite Wochenende ermöglichten.
„Ein Wochenend-Vater ist aber kein vollständiger Vater“, schildert Rode aus Erfahrung. Sein inzwischen 13-jähriger Sohn hat wie Hunderttausende Trennungskinder in Deutschland viele schöne Momente mit seinem Papa verpasst.
Immer mehr wissenschaftliche Studien widerlegen, dass das Residenzmodell eine gute Lösung für Trennungskinder ist. Die psychische Gesundheit sei besser, wenn Kinder beide Eltern lieben dürfen „Beziehung erfordert Zeit“, sagt Rode. „Wenn Eltern sich streiten, ist das immer schlecht für das Kind.
Auch, wenn das Kind den Vater nur alle zwei Wochenenden sieht.“ Streitende Trennungseltern müssten im Interesse der Kinder an ihrer Versöhnungsbereitschaft arbeiten. Streitereien dürften aber vor dem Gesetz kein Gegenargument sein für eine gleichberechtige Elternschaft.
In vielen Ländern setzt sich gleichberechtigte Elternschaft auch im Streitfall immer mehr durch, in Belgien ist die „Doppelresidenz“ seit 2006 das von der Regierung präferierte Betreuungs-Modell. „Es sagt einem ja auch der gesunde Menschenverstand, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht“, so Rode. Kinder vermissten oft auch Kontakt zu Großeltern, zu Tanten und Onkeln und zu Freunden des nicht hauptbetreuenden Elternteils. Rode: „Gleichberechtigung zwischen Eltern würde diese Tür öffnen und übrigens an Familiengerichten für einen Rückgang der Verfahren sorgen.“ Das zeige sich an der Entwicklung in fortschrittlicheren Ländern.
Die Bundestag-Debatte am Donnerstag wurde durch einen Antrag der FDP angestoßen, der das Wechselmodell als Leitbild fordert. Die paritätische Doppelresidenz wird künftig die erste Arbeitshypothese aller an einem Gerichtsverfahren Beteiligten sein, ist Rode überzeugt. Unter
Berücksichtigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse könne in Zukunft ein Betreuungsanteil unter 30 Prozent weder von Jugendämtern noch Familiengerichten als förderlich für das Kindeswohl akzeptiert werden. Die Linke hat einen Gegenantrag gestellt.
Rode von „Papa Auch“ hierzu: „Wir gehen jetzt mal davon aus, dass beide Eltern normal sind und gut fürs Kind. Was ist dann besser für das Kindeswohl, als viel Kontakt zu beiden Eltern?“
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Foto von Reinhard Rode, Fotograf: Ralf Seidel